Michelle Reznicek
Alles nur Klischee?

Eine Autorin ist doch so eine Frau mit zwei Katzen oder?
Und ein Autor ist einer, der in der Bar sitzt und Rotwein trinkt?
Ich mag das Bild das man heraufbeschwört. Das Bild eines Autors oder einer Autorin, wie man sie sich vorstellt. Mir persönlich fällt immer zwei Bücher ein, wenn ich an dieses Bild denke, die ich mal in der Bibliothek ausgeliehen hatte. Frauen die lesen sind gefährlich und Frauen die schreiben leben gefährlich. Von Stefan Bollmann.
Man stellt sich eine Autorin vor, eine Frau mit wirren Haaren, die ganz allein zuhause an ihrem Tisch sitzt, auf eine altmodische Schreibmaschine einhämmert, an der sie selbstverständlich übermässig hängt. Sie trägt einen Wollpullover und einen Meterlangen selbstgestrickten Schal. Auf ihrem Tisch steht ein grosser Kamillentee und daneben putzt sich mindestens eine Katze. Sie ist ein Stubenhocker, unsportlich und kann nicht gut mit realen Menschen umgehen. Nur ihre Lektorin hat sie wirklich im Griff und muss sie gelegentlich retten. Sie ist unglücklich verliebt und stellt sich dabei immer völlig ungeschickt an.
Ein Autor ist ein Mann, der so versunken ist in seine Arbeit, dass er die Blicke der Frauen nicht auf sich bemerkt und glaubt sie wären ihm abgeneigt. Er trinkt viel zu viel, er raucht bis die Wohnung völlig zu gequalmt ist und ja – er arbeitet nur nachts, hadert mit sich und der Welt. Und fragt sich ob er die Welt nicht versteht oder die Welt ihn nicht verstehen kann.
Na? habe ich es ungefähr getroffen? Autoren sind immer Stubenhocker und ebenso bebrillt wie unglücklich.
Eine Frau mit zwei Katzen
Manchmal frage ich mich, wie diese Idee aufgekommen ist. Wie kam die Vorstellung einer Autorin mit zwei Katzen, dickem Wollschal und Tee zustande? War das einfach eine schön romantische Vorstellung? So wie auch jede Heldin irgendwie schön ist? Spätestens wenn das Buch zur Filmindustrie rüber gewandert ist?
Wie kam man auf die Idee?
Ich schau mich in meinem Schreibzimmer um. Meine beiden Katzen heben die Köpfe und schauen mich an. Ich werfe einen Blick auf meinem kaltgewordenen Café. Ähm. Manche Vorstellungen sind von der Realität womöglich nicht so weit weg wie man vielleicht denkt.
Die erste Schriftstellerin
Die erste bekannte Schriftstellerin der Welt, war eine Prinzessin am ägyptischen Hofe. Sie wurde
Enheduanna genannt und starb vor über 4000 Jahren. Selbstverständlich schrieb sie nicht mit einer Schreibmaschine (obwohl das den Ägyptern ja zu zu trauen wäre), sondern auf Steintafeln.
Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass sie dem Klischee der heutigen Schriftstellerin entsprechen würde. Lediglich eine Vorliebe für Katzen liesse sich wohl vermuten, schliesslich galten Katzen als heilig und erfreuen sich noch heute in Ägypten einer ausgesprochenen Beliebtheit.
Die gängigsten Klischees?
Depressiv- Alkoholiker -Kettenraucher, -Wollpullover - Katzenbesitzern – nur bei Frauen sein wir sexistisch
Stubenhocker - Verrückt - Bebrillt - Nerd
Das sind so die Dinge die man sich denkt, wenn die Rede von einem Schriftsteller ist.
Ich fange immer an zu schmunzeln, wenn ich sehe, dass die Menschen ehe sie sich hinsetzten um ein Buch zu schreiben, erst anfangen sich passend dafür zu kleiden und einen Kamillentee aufzusetzen. Als ob man nicht in jeder Garderobe der gleiche Schreiber wäre.
Wenn man mich zu den Klischees befragt – welche nun davon stimmen, würde ich sagen, nichts davon und alles. Denn nicht ohne Grund sind sie Teil des Schriftsteller Bilds. Doch man muss sich keine Brille kaufen um zu schreiben, nicht das Haar zerzause um eine gute Idee zu bekommen und keinen Wollpullover stricken um ein gutes Buch zu verfassen.
Schriftsteller ist man, weil man es liebt zu schreiben.
Welchen Klischees entsprichst du?
Haha. Nun ich habe drei Katzen und bin tatsächlich ein Stubenhocker. Ich wurde auch schon als Nerd bezeichnet und dass man mich absonderlich findet – kann schon sein. Aber ob das etwas mit meinem Schriftstellerinnen-Dasein zu tun hat – wage ich nicht zu behaupten.
Moderne Klischees
Klischees aus der heutigen Zeit sind nicht mehr so schön wie die altmodischen. Heute wird man gerne gefragt: Und was ist deine richtige Arbeit? Du hast dann eine ganze Menge Freizeit?
Ich finde es fragwürdig ob man das Recht hat, jemanden zu erklären, dass seine Arbeit nicht «Professionell» ist, nur weil sie künstlerisch ist, oder gar, dass es keine richtige Arbeit ist. Die Künstler die ich kennen lernen durfte, sind um einiges ernsthafter, länger und härter an der Arbeit, als vielen Menschen in «Richtigen» Jobs. Während nämlich für diese die Arbeit um 17.30 Uhr zu Ende ist, hat die Arbeit eines freischaffenden Künstlers niemals ein Ende. Freizeit? Nur wenn man sich wirklich zwingt mal fünf Minuten Pause zu machen. Der Vorteil ist, dass man von einem Job den man wirklich liebt, nicht so viel Freizeit braucht.
Letzten Endes, ist es doch nur ein Bild, nur ein Klischee. Die Menschen die dahinterstehen, sind so mannigfaltig, so verschieden, dass es am Ende eben nur das ist, das Bild – und phantastische Beschreibung einer Fantasiefigur.
Autoren sind normale Menschen die ganz normal unter uns leben – sie schreiben eben Bücher.