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  • AutorenbildMichelle Reznicek

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft


All weilen trifft man auf die Aufforderung aufzuschreiben, wo man in 10 Jahren sein will. Ein Wunschzettel an sich selbst zu verfassen, an sein Ich in 10 Jahren.

Wenn ich ehrlich bin, dann weiss ich manchmal noch nicht, wo ich in 15 min sein werde.

Diese Briefe oder Texte sollen dem Schreibenden helfen, seine Ziele im Leben zu verwirklichen und zu verstehen, was er wirklich will, in der kurzen Zeitspanne in der er auf diesem Planeten ist.

Besser bei ersten Mal schon ins Auge fassen, wir wissen ja nicht ob wir «noch einen Versuch» kriegen.

Doch ich stehen vor der Gelateria und kann mich meist nicht einmal entscheiden ob es Vanille oder Schokolade sein soll.

Glückwunsch also für die, die wissen, was sie in 10 Jahren wollen.

Aber gut, ich will's versuchen.

Liebes zukünftiges ich,

Ich wünsche mir nachhaltigen Erfolg im Beruf, Liebe, Glück und Gesundheit.

Für mich und alle die ich kenne.

Nie wieder ungenehme Gespräche und böse Überraschungen.

Kuss und Gruss Zaphod

Super, das war's also schon: Eine Glückwunschkarte für mich in 10 Jahren. Glückwunsch du lebst noch.

Eine Karte die auch jedem anderen gehören könnte.

Immerhin ich weiss ungefähr was ich heute will. Bücher-schreiben, arbeiten auf der Bühne, Tanzen immer wieder Tanzen, mich weiterbilden in Fotographie, Persönlichkeit, Verkauf, Kunst, Massage, ich will reisen und ich möchte Vorstellungen besuchen: Zirkusvorstellungen, Kinovorstellungen, Tanzvorstellungen, Museen, Theatervorstellungen und all das andere Schöne was im Moment nicht drin ist. Ich möchte gestalten, schreiben und erschaffen. Das gilt für mein heutiges ich, dass sich die Gegenwart erschafft, die es sich jetzt wünscht. Und das wird immer so sein. Denke ich.

Darum lächele ich die Menschen heute an, ich verfolge jetzt meine Projekte, ich machte Komplimente heute. Denn man weiss nie, wann es nicht mehr möglich sein wird. Wann habe ich einen Menschen zum letzten Mal gesehen? Wann wird die letzte Gelegenheit für ein Kompliment sein? Woher weiss ich, dass dies nicht die einzige Gelegenheit ist?

Natürlich habe ich auch Ziele und Träume, die sich nicht sofort verwirklichen lassen. Für manche muss ich lange arbeiten, andere erfordern Geld oder Geduld. Ich möchte irgendwann einmal Hörbücher machen, ich will nach Japan reisen und in heissen Quellen baden, wieder nach Tschechen fahren, doch dieses und jedes andere Projekt, reicht nicht weiter in die Zukunft als in die nächsten 1 ½ Jahre.

Ich bewundere die Menschen, die einen ganz klaren Lebensplan haben. Ich bewundere diese Frauen, die sich jetzt schon damit auseinander setzten, wann sie Kinder kriegen wollen, wo sie in die Krippe gehen, wo die ungeborenen Kinder über Mittag sind, wie viel Prozent sie arbeiten werden, welche Hundesorte sie sich zulegen wollen und welcher Stadtviertel für sie passend ist.

Haus, Mann, Kind, Hund. Es klingt schön. Aber es liegt leider überhaupt nicht auf meiner Lebenslinie. Die eher einem Sudoku ähnelt. Woher wissen, die andere das so genau? Wer hat ihnen den Tipp für Leben geben, und wo war ich, als das passiert ist?

Oder die Menschen die sagen: wenn ich in der Pension bin, machte ich diese Reise, diesen Laden auf, oder renoviere mein eigens Haus selbst. Ich verstehe den Gedanken – es macht auch Sinn sich auf etwas zu freuen.

Aber ich kenne einige die genau diesen Plan hatten, und ganz kurz nach der Pensionierung gestorben sind. Oder den grossen Traum, dann doch nicht verwirklicht haben, weil sie gemerkt haben, dass er nicht ganz so toll war, wie sie es sich gedacht haben, oder die, die dann doch nicht den Mut dafür hatten.

Es ist eben diese eine Sachen. Woher wissen wir, ob wir den Traum, den wir da auf die lange Bank schieben, eigentlich jemals noch zu fassen bekommen? Und wenn wir ihn so weit wegschieben, haben wir in Wahrheit nicht Angst vor ihm? Oder glauben wir womöglich nur, das träumen zu müssen? Es gibt viele Standardträume. Ich höre zum Bespiel immer wieder: Ja ich will auch mal ein Buch schreiben. Macht das wirklich immer Sinn? Hört es sich am Ende nicht einfach nur gut an? Bücher schreiben ist was Tollen, aber es ist auch anstrengend, eine Herausforderung an sich selbst. Ein Kraftakt, für seine eigene Geduld, Überzeugung und sein Durchhaltevermögen, eine Probe für sein «Dickes Fell» und für den Glauben an sich selbst. Es ist ein Herzens Projekt. Für mich muss der Wunsch zu schreiben an erster Stelle stehen, nicht der mit einem Buch da zu stehen.

Woher weiss ich, dass ich nicht in zwei Jahren von einem Bus überfahren werde? Dann hat der gut durchdachte 5 Jahresplan überhaupt keinen Sinn gemacht. Genau so wenig, wenn ich nach einigen Jahren ein völlig anderer Mensch sein sollte und die Träume die mich heute so begeistert haben, mir später nichts mehr bedeuten. Was wenn sie nur einmal Freude gemacht hätten? Und ich ihnen folge, weil ich nichts anders mehr habe, anstatt mich neu kennen zu lernen.

Man sagt, man soll nicht zu viel zurückschauen, in die Vergangenheit. Doch ich wende öfter’s den Blick. Denn es lässt mich erkennen, wie reich ich schon beschenkt bin, wie weit ich gekommen bin, und manchmal verwundert mich der Anblick des völlig verworrenen Pfades, den ich niemals, wirklich niemals so hätte erraten können. Niemand weiss, wohin der Weg führt.

Die Zukunft ist für mich unterreichbar, bestenfalls erahnte ich die nächsten Meter – als unwirkliche Nebelschwaden, eines Ortes, der nur aus «Vielleicht» besteht. Versteht mich richtig: Man soll so viel Träumen wie nur irgend möglich. Wenn die Zukunft voller Träume ist, so ist sie weniger beängstigend.

Die Vergangenheit vergeht zu Rauch, die Gegenwart erschafft sich immerfort in jedem Moment, und die Zukunft ist nur ein nebulöses Weiss. Es erinnert mich sehr an die Unendliche Geschichte, von Michael Ende. Kennt die doch irgendwer?

Am deutlichsten der Geschichte entsinne ich mich dem «Nichts.» Die grosse Bedrohung des Königreiches der Kindlichen Kaiserin. Das Nichts das das Königreich auflöst zu dem alles verschlingenden und alles anziehenden Nichts. Und Bastians Aufgabe ist es dieses Land zu retten, indem er der Kaiserin einen neuen Namen gibt, im letzten Moment, im Elfenbeinturm. Das jetzt erschafft, aus dem Nebel des Nichts, eine neue Welt. Aber das ist eine andere Geschichte, nicht wahr?

Was also soll sein in 10 Jahren.

Liebes zukünftiges ich,

ich hoffe du bist glücklich.

Ich weiss nicht was in 10 Jahren sein wird,

aber das heute, ich der Zukunft, daran möchte ich die erinnern, das heute war schön.

Denn die Vergangenheit ist vergangen, die Zukunft nur ein Gerücht, die Gegenwart, nur das jetzt das sich fortwährend aus dem Nichts erschafft.


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